Wärme­wende - Was bedeutet das?
26.06. 2022 | Lesezeit 5 min
Conrad Gierow, M.Sc.
Die Energiewende wird zunehmend mit dem Begriff Wärmewende in Verbindung gebracht. Doch was bedeutet Wärmewende eigentlich und warum ist sie für die Energiewende von zentraler Bedeutung?
Überblick
Einführung
Durch die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels wurden Klima- und Umweltschutz zu zentralen Themen mit hoher gesellschaftlicher und politischer Relevanz. Die Reduzierung von Treibhausgasemissionen mit dem langfristigen Ziel der Klimaneutralität ist die Jahrhundertaufgabe der Energiewirtschaft.
Klimaneutralität ist nur mit einer weitgehenden Defossilisierung des Strom-, Wärme- und Verkehrssektors zu erreichen. Dies bedeutet den Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Erdgas. Im Gegenzug ist ein rasanter Ausbau von erneuerbaren Energien gefordert und es bedarf einer Transformation von Mobilität und Wärmeversorgung durch die Einführung neuer Technologien.
Die Wärmeversorgung befindet sich im Wandel und wird sich in den kommenden Jahren auf fundamentale Weise ändern. Die Wärmewende ist eingeleutet.
Warum die Wärmewende so wichtig ist
In Deutschland wird ungefähr die Hälfte der gesamten Endenergie in Form von Wärme verbraucht. Nur rund 16 % davon stammen aus erneuerbaren Quellen. Im Wärmesektor ist somit ein besonders großes Potenzial zur Einsparung von CO2-Emissionen vorhanden.
Deutscher Endenergieverbrauch im Jahre 2021, dargestellt in TWh (Daten: BMWK, Zeitreihen zur Entwicklung der erneuerbaren Energien in Deutschland, Februar 2022)
Um das Potenzial zu nutzen, besteht in einigen Bundesländern schon jetzt die Verpflichtung für Kommunen einen sogenannten kommunalen Wärmeplan aufzustellen, in dem eine Strategie für die Umstellung der Wärmeversorgung auf eine ausschließliche Nutzung erneuerbarer Quellen entwickelt wird. Damit ist die Wärmewende die zentrale energiepolitische Herausforderung für Kommunen in den kommenden Jahrzehnten.
Die Kernfrage der Wärmewende also lautet, wie es möglich ist, Klimaneutralität sowie eine ganzjährig gesicherte Versorgung mit den vorhandenen Wärmepotenzialen zu vereinen und durch gleichzeitige Minimierung der Kosten die Sozialverträglichkeit zu gewährleisten. Die Beantwortung dieser Frage ist wegen der vielen zu berücksichtigenden Randbedingungen und Einflussfaktoren eine sehr komplexe Aufgabe.
Wärmewende im Eigenheim
Privathaushalte stellen einen Anteil von etwa 50 % am deutschen Wärmeenergiebedarf dar. Hierunter finden sich sowohl Eigenheime, Mehrfamilienhäuser als auch verdichtete Wohnquartiere. Gerade bei Eigenheimen und Mehrfamilienhäusern sind individuelle Lösungen zur klimaneutralen Wärmebereitstellung bereits vielfach umgesetzt und erprobt.
Bei Gebäuden neueren Baujahrs handelt es sich oft um kleine und mittlere Luft- oder Erdwärmepumpen, deren Effizienz sich in den letzten Jahren stetig steigerte. Ist dies also schon eine Wärmewende?
Die Klimaneutralität solcher, auf elektrischem Strom basierenden, Energiewandlungsanlagen steht und fällt mit der Herkunft bzw. dem CO2-Fußabdruck der genutzten elektrischen Energie. Selbst eine gut konzeptionierte, aktuelle Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl von fünf, emittiert beim aktuellen deutschen Strommix für jede Kilowattstunde abgegebener Wärme etwa 100 g CO2-Äquivalente. So kommen auch bei modernen Gebäuden schnell einige hundert Tonnen Treibhausgasemissionen pro Jahr zusammen.
Derartige Technologien sind ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und bieten die Basis für eine erfolgreiche Wärmewende. Dennoch ist die Wärmewende keine individuell lösbare Aufgabe. Es bedarf den übergeordneten Ausbau erneuerbarer Energien.
Energieeinsparung
Jede eingesparte Kilowattstunde muss nicht in Form von Energie zur Verfügung gestellt werden und entlastet damit gleichzeitig sowohl Produktions- als auch Transportkapazitäten. Energieeinsparungen sind daher jederzeit Effizienzmaßnahmen bei der Energiewandlung vorzuziehen. Im Bereich der Wärmeversorgung von Bestandsimmobilien sind hierfür zumeist weitreichende Sanierungsmaßnahmen notwendig, deren Effekt langfristig ökonomisch und ökologisch sinnvoll ist.
Kommunale Wärmeplanung
Gerade in Ballungsgebieten, wie Städten und größeren Gemeinden, wird der kommunalen Verwaltung zur Realisierung der Wärmewende eine große Aufgabe zuteil. Als Koordinationsstellen der Entwicklungspfade für die Senkung des Energiebedarfs einerseits und der Steigerung einer klimaneutralen Wärmebereitstellung andererseits, spielen sie eine Schlüsselrolle auf dem Weg der Wärmewende.
Durch gezielte Wärmeplanung lassen sich ungenutzte Potentiale im Stadtgebiet identifizieren und z.B. durch netzgebundene Wärmekonzepte nutzbar machten. Ein typisches Beispiel sind Abwärmepotenziale aus Industrieprozessen.
Als Abwärme von Industrieprozessen wird Energie bezeichnet, welche sich für den eigentlichen Prozess auf einem zu niedrigen Temperaturniveau befindet um noch effizient nutzbar zu sein. Durch ein angeschlossenes Wärmenetz lässt sich diese Energie allerdings einsammeln und zur Wärmeversorgung nutzen. Dies verringert die konventionell bereitzustellende Energie und trägt damit direkt zur Reduzierung von Emissionen bei.
Neben der Abwärme lassen sich auch erneuerbare Wärmequellen mit Techniken wie beispielsweise Solar- oder Geothermie nutzen. Um gerade die Energieströme fluktuierend einspeisender Anlagen zeitlich vom Wärmebedarfsverlauf zu entkoppeln und damit die Versorgungssicherheit zu jeder Zeit zu gewährleisten, ist die Entwicklung, Konzeptionierung und Integration von leistungsfähigen thermischen Energiespeichern ein essenzieller Bestandteil der Wärmewende.
Fazit
Die Wärmewende ist ein komplexes Unterfangen, welches im Wesentlichen auf vier Säulen ruht:
- Die Reduzierung des Wärmebedarfs durch energieeffizientes Bauen und Sanierungsmaßnahmen
- Der Wechsel von fossiler Primärenergiebereitstellung wie Gas oder Heizöl zu erneuerbaren Energien
- Die Nutzung von ansonsten ungenutzten Abwärmepotenzialen aus Industrieanlagen
- Ein Nachhaltiges Konzept zur Verteilung und Speicherung von Wärmeenergie
Diese Anforderungen nachhaltig, sozialverträglich und effizient zu meistern stellt die Wärmewende als eine der komplexesten Aufgabe der nächsten Jahrzehnte dar.
Wir unterstützen Sie gern bei der Wärmeplanung und begleiten Ihre Wärmewende von Beginn an. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf.
Conrad Gierow, M.Sc.
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