Mit einer Pinch-Analyse Die Anlagen­effizienz steigern und Energie­kosten reduzieren
19.04.2023 | Lesezeit 5 min

Raphael Wittenburg
Die Pinch-Analyse, eine thermodynamische Methode, um ungenutzte energetische Anlagenpotenziale zu identifizieren, geeignete Maßnahmen zur Erschließung abzuleiten und operative Kosten zu senken.

Überblick
Was ist eine Pinch-Analyse?
Die Pinch-Analyse ist eine Methode, um die Energieeffizienz einer Anlage zu untersuchen. Sie dient in erster Linie dazu, ungenutzte energetische Potenziale in Form von Abwärme und Abkälte zu identifizieren und Maßnahmen zu deren Erschließung abzuleiten. Die Pinch-Analyse hat zum Ziel, die von außen zugeführte Energiemenge zu reduzieren und auf diese Weise nachhaltig die Energiekosten einer industriellen Anlage zu senken.
Die Pinch-Analyse basiert im Wesentlichen auf dem ersten sowie zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Durch die Analyse der im System befindlichen Massen- und Energieströme sowie der dabei geltenden Temperaturniveaus lassen sich Möglichkeiten zur internen Nutzung von Abwärme- und Abkälte ableiten und geeignete Maßnahmen zur Nutzung benennen. Dies können neben Wärmeübertragern (Wärmetauschern) auch Energiespeicher oder Großwärmepumpen sein.
Für wen ist eine Pinch-Analyse interessant?
Eine Pinch-Analyse ist grundsätzlich für Betreiber oder Eigner von Industrieanlagen mit hohem Energiebedarf interessant. Sie ist eine vergleichsweise einfache Methode, um Maßnahmen zu identifizieren, die Energiekosten nachhaltig zu senken.
Vor allem Unternehmen, bei denen Prozesswärme oder -kälte einen wesentlichen Teil der operativen Kosten ausmachen, sollten über die Durchführung einer Pinch-Analyse nachdenken, um erste wesentliche Erkenntnisse zur Optimierung des Prozesses zu erlangen.
Ablauf einer Pinch-Analyse
Eine Pinch-Analyse gliedert sich in die folgenden zentralen Teilprozesse:
- Analyse der Anlagenstruktur und der darin befindlichen Medienströme.
- Erstellung der „Verbundkurven“ inklusive der Identifikation des „Pinch-Points„.
- Identifikation möglicher Potenziale und Definition von Maßnahmen zur technischen Erschließung durch bspw. Wärmeübertrager, Energiespeicher oder Wärmepumpen.
- Prüfung der Maßnahmen auf technische sowie wirtschaftliche Umsetzbarkeit.
Energieaudit
Die Basis einer Pinch-Analyse sind ein Energie-Audit sowie eine detaillierte Untersuchung der Anlagenstruktur und der darin befindlichen Medien. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob alle erforderlichen Daten vorliegen, oder ob eventuell Messsysteme nachzurüsten sind, um die erforderlichen Daten der Energieströme bereitzustellen. Gerade bei komplexen Anlagen ist das Energie-Audit der bei weitem aufwendigste Teilprozess der Pinch-Analyse.
Im Anschluss werden die zu erwärmenden Medienströme sowie zu kühlenden Medienströme in so genannten Verbundkurven aufgetragen. Dies erfolgt üblicherweise in einem Temperatur-Enthalpiestrom-Diagramm.
Verbundkurven
Die Aufstellung der Verbundkurven erfolgt durch Einzeichnung von Medienzuständen, definiert durch die vorherrschende Temperatur und den Enthalpiestrom. Dieser Ansatz folgt dem Grundsatz der Superposition.
Es werden alle erforderlichen Kälte- oder Wärmeleistungen in einem bestimmten Temperaturbereich addiert, sodass sich der Anstieg der jeweiligen Kurve in diesem Temperaturintervall ändert. Existiert in einem bestimmten Temperaturbereich ein höherer Wärme- bzw. Kühlbedarf, so flacht die Kurve ab.
Dominiert in einem Temperaturbereich ein Phasenwechsel, so kann es vorkommen, dass die Verbundkurven auch vollständig waagerecht verlaufen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass sämtliche, dem Prozess zugeführte oder alle abgeführte Energie für den Phasenwechsel aufgrebraucht wird. Das System bleibt isotherm.
Durch dieses methodische Vorgehen erhält man für den Gesamtprozess zwei sogenannte „Verbundkurven“ – eine für die gesamte erforderliche Wärmeleistung und eine weitere für die gesamte notwendige Kühlleistung. Diese sind im nachfolgenden Diagramm veranschaulicht.
Verbundkurven einer Pinch-Analyse im Temperatur-Enthalpiestrom-Diagramm
Im Anschluss werden beide Verbundkurven entlang der Abzisse gegeneinander verschoben bis sich ein Schnittpunkt – der so genannte „Pinch-Point“ einstellt. Dieser dient zur Definition verschiedener Regime:
- Auf der linken Seite des Pinch-Points gibt es einen Wärmeüberschuss. Es ist demnach mehr Wärme in den akzukühlenden Medien vorhanden, als für die Erwärmung der kalten Ströme notwendig ist. Es bedarf einer zusätzlichen Kühlung.
- Auf der rechten Seite des Pinch-Points gibt es einen Mangel an verfügbarer Wärme. Es muss also mehr Wärme bereitgestellt werden, als vom warmen Strom entnommen werden kann. Es bedarf einer externen Wärmezufuhr.
Das Wärmestrom-Intervall in dem sich beide Kurven überlagern ist der Bereich, in dem Wärmerückgewinnung eingesetzt werden kann, um die externe Energiezufuhr zu reduzieren. Hier kann sich der Einsatz von Wärmeübertragern lohnen, um Energiekosten zu senken.
Darüber hinaus lässt sich aus den Verbundkurven ableiten, dass externe Wärmezufuhr nur im Bereich oberhalb des Pinch-Points sinnvoll ist. Zusätzliche Kühlung sollte hingegen nur im Bereich unterhalb des Pinch-Points eingesetzt werden. Wir dies nicht beachtet, verschlechtert sich die Systemeffizienz.
Identifikation von Potenzialen und Benennung von Maßnahmen
Speicherintegration zur Abdeckung der Spitzenlastbedarfe
Prüfung der technischen und wirtschaftlichen Umsetzbarkeit
Alle aus der Pinch-Analyse abgeleiteten Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz müssen hinsichtlich ihrer Umsetzbarkeit geprüft werden. Hierbei werden verschiedene Aspekte untersucht:
- Räumliche Realisierbarkeit (bspw. Baugröße möglicher Wärmeübertrager, Abstand der Medientrassen, Möglichkeiten zu infrastrukturellen Einbindung)
- Materialverträglichkeiten und Dichtigkeiten
- Risikoanalyse (Ausfallwahrscheinlichkeiten, Systemkomplexität)
- Wirtschaftlichkeit (Reduktion der Betriebskosten durch Energieeinsparung, Investitionskosten und Wartungskosten)
Abschließend werden Vorschläge zur energetischen Optimierung der Anlage benannt und Handlungsempfehlungen zur Planung der Transformation abgeleitet.
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Raphael Wittenburg
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